Japanische Pflegekräfte und Ehrenamtliche informierten sich im Hospiz Louise über Sterbebegleitung in Deutschland

„Sterbende Menschen brauchen einen Zufluchtsort“

 

Wie funktioniert ambulanter und stationärer Hospizdienst in Deutschland? Wie werden hier Sterbende seelisch begleitet? Und wie können Angehörige in solchen Krisensituationen einfühlsam unterstützt werden?

 

Mit diesen existentiellen Fragen im Gepäck besuchte eine 20-köpfige japanische Delegation von Pflegekräften und ausgebildeten Sterbebegleitern das Hospiz Louise in der Heidelberger Weststadt. Dort wurden sie herzlich von Hospiz-Leiter Frank Schöberl empfangen.

 

 

 

In Begleitung von Pater Waldemar Kippes, der seit 60 Jahren in Japan lebt und mit seinem Verein „Clinical Pastoral Care“ landesweit Sterbebegleiter ausbildet, wollen sie mehr darüber erfahren, wie in Deutschland sterbende Menschen mit ihren Ängsten und Nöten begleitet werden. Der Besuch im Hospiz Louise bildete dabei den Auftakt zu einer 10-tägigen Studienreise zu weiteren Hospizen in Deutschland.

Aber wie kommt es zu diesem großen Interesse an einem deutschen Hospiz am anderen Ende der Welt? „Die mit einem hohen medizinisch-technischen Aufwand betriebenen Hospize in Japan gleichen eher einer Palliativstation, der Schwerpunkt liegt auf der medizinischen Betreuung“ erklärte Thile Kerkovius, der 20 Jahre lang das erste „Aids-Hospiz“ in Deutschland in Oberharmersbach leitete und japanische Hospize aus eigener Anschauung kennt. Ambulante Hospizbewegungen gäbe es nur wenige. Vor allem aber seien wesentliche Elemente der Sterbebegleitung in deutschen Hospizen, wie Geborgenheit und spirituelle Begleitung, für Japaner ungewöhnlich. Pater Kippes fügte ergänzend hinzu: „Die japanische Erziehung gibt immer noch vor, dass der Einzelne vermeidet, andere Menschen mit seinen Problemen zu belasten“. Das führe dann dazu, dass man Sterbende eher mit Medikamenten vollpumpe, als mit ihnen über ihre Ängste und Sorgen zu sprechen. Und auch die Angehörigen seien mit solchen Krisensituationen vollkommen überfordert.

Gespannt und hoch konzentriert lauschten die japanischen Gäste den mit vielen anschaulichen Beispielen angereicherten Vorträgen von Schöberl und Kerkovius, die Waldemar Kippes simultan ins Japanische übersetzte. „Sterben ist keine Krankheit, es ist eine elementare Lebensphase, es ist eine Krise, die uns allen bevorsteht“, führte Kerkovius aus. Sterbende bräuchten deshalb einen geschützten Zufluchtsort. „Bei uns in Japan wollen wir es lieber einfach haben, man redet nicht über den Tod, wir wollen uns keine Zeit für Sterbebegleitung nehmen“, erklärt eine Teilnehmerin. Die anderen nicken schweigend. Sie alle haben sich vorgenommen, diese Haltung in ihrem Land zu verändern. Es sei ihnen ein großer Wunsch, dass Menschen in einer liebevollen Umgebung sterben können, sei es zu Hause oder in einem Hospiz.

 

Die Eindrücke bei ihrem Besuch im Hospiz Louise werden sie dabei unterstützen.

 

Hintergrund

 

Das Heidelberger Hospiz Louise gehört zu den Pionieren der Hospizarbeit in Deutschland. Es wurde 1992 von Ordensschwester Anna-Lioba gegründet und war damals das fünfte Hospiz in Deutschland. Träger der Einrichtung ist der Freiburger Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul, genauso wie beim benachbarten St. Josefskrankenhaus. Unter Leitung von Frank Schöberl sind zurzeit 18 hauptamtliche Pflegefachkräfte mit „Palliative Care“-Fortbildung im Einsatz. Sie werden unterstützt von einem Team aus 14 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen.

 

Steffanie Richter, 9. September 2018

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